Der Eichner hat einen Zyklus geschaffen, den “Georg Büchner Zyklus” mit Gemälden und Skulpturen  zu Georg Büchner.

Einen Teil der Arbeiten können sie unten sehen, alle aufzuführen, wäre zu umfangreich.

Der Zyklus wurde bisher nur ein Mal gezeigt und zwar im Kurfürstlichen Gärtnerhaus in Bonn im Jahre 2003.

Hellmuth Eichner zitiert im Kurfürstlichen Gärtnerhaus Georg Büchner,  Bonner General Anzeiger Feuilleton

Von Christina zu Mecklenburg 2006

Bonn. Imperiale Formate und eine farbenfrohe Bildkulisse empfangen den Besucher. Im Kurfürstlichen Gärtnerhaus treffen sich Hellmuth Eichner und der Dichter Georg Büchner. Die opulent mit Menschen und Tieren bestückten Szenen entstammen einem groß angelegten Zyklus; auffallend ist die Anzahl bereits bekannter, aber neu bearbeiteter Ölgemälde. An die Stelle einstiger Bildtitel (etwa "Gretchens Wahl" von 1995) treten  Zitate aus Büchners literarischem Nachlass.

Verzichtet man auf die vergleichende Text-Bild-Exegese, so wird bei der Bildbetrachtung des Eichners Sinn für Farce, Karikatur und Burleske spürbar.

üchnersche Reminiszenzen gewahrt man im glutroten Timbre rebellischer Leidenschaft (Anspielung auf "Dantons Tod") oder in enzianblauer Naturromantik. Ein banalisierter "Woyzeck" ist Ergebnis eines drastischen, mit frivolen und zotigen Plattitüden gespickten Realismus.

So fördert die sicherlich vitale Schau in erster Linie die Faibles des Eichners zutage: plakative Darstellungsmanier (siehe die abendmahlähnliche Konferenz von Widdern), lautstarke Farbe und Hang zu ornamentalem Zierwerk. Am Boden lagert ein Standbild des Bildhauers, versehen mit einem Büchner-Kommentar.

 

 

 

 

Kesseltreiben, 160x120cm

 

Texte zum Bild:Hauptmann:

Woyzeck er hat keine Tugend, er ist kein tugendhafter Mensch. Fleisch u. Blut? Wenn ich am Fenster lieg wenn es geregnet hat und den weißen Strümpfen so nachsehe wie sie über die Gassen springen,-verdammt Woyzeck,

da kommt mir die Liebe! Ich hab auch Fleisch u. Blut. Aber Woyzeck, die Tugend, die Tugend! Wie sollte ich dann die Zeit herumbringen? ich sag' mir immer du bist ein tugendhafteter Mensch, (gerührt) ein guter Mensch, ein guter Mensch.

Woyzeck. Ja Herr Hauptmann, die Tugend! ich hab's noch nicht so aus. Sehn Sie, wir gemeinen Leut, das hat keine Tugend, es kommt einem nur so die Natur, aber wenn ich ein Herr wär und hätt ein Hut u. eine Uhr und eine anglaise, und

könnt vornehm reden ich wollt schon tugendhaft sein. Es muß was Schöns sein um die Tugend, Herr Hauptman Aber ich bin ein armer Kerl.

Hauptmann: Gut Woyzeck. Du bist ein guter Mensch, ein guter Mensch. Aber du denkst zuviel, das zehrt, du siehst immer so verhetzt aus. Der Diskurs hat mich ganz angegriffen. Geh' jetzt u. renn nicht so; langsam hübsch langsam die

unten :”Unser Junge soll Schlosser werden

 

Leonce: Um die Kirschen duch die Löcher in Deinen Hosen schamrot zu machen! Aber Edelster, dem Handwerk, deine Profession, dein Gewerbe, dein Stand, deine Kunst?

Valerio (mit Würde). Herr, ich habe die große Beschäftigung, müßig zu gehen, ich habe eine ungemeine Fertigkeit im Nichtstun, ich besitze eine ungeheure Ausdauer in der Faulheit. Keine Schwiele schändet meine Hände, der Boden hat noch keinen Tropfen von meiner Stirne getrunken, ich bin noch Jungfrau in der Arbeit, und wenn es mir nicht der Mühe zu viel wäre, würde ich mir die Mühe

nehmen, Ihnen diese Verdienste weitläufiger auseinanderzusetzen

..”Hat an die Wand gepisst”

 

 

Doktor. Was erleb ich Woyzeck? Ein Mann von Welt Woyzeck. Was denn Herr Doktor?

Doktor. Ich hab's gesehn Woyzeck; Er hat auf die Straß gepißt, an die Wand gepißt wie ein Hund. Und doch zwei Groschen täglich. Woyzeck das ist schlecht. Die Welt wird schlecht, sehr schlecht.

Woyzeck: Aber Herr Doktor, wenn einem die Natur kommt. Doktor. Die Natur kommt, die Natur kommt! Die Natur! Hab ich nicht nachgewiesen, dass der muscalus constrictor vesicae dem Willen unterworfen ist? Die Natur! Woyzeck, der Mensch ist frei, in dem Menschen verklärt sich die Individualität zur Freiheit. Den Harn nicht halten können! (Schüttelt den Kopf legt die Hände auf den Rücken und geht auf und ab.) Hat Er schon seine Erbsen gegessen, Woyzeck? - Es gibt eine Revolution in der Wissenschaft, ich sprenge sie in die Luft

 

4 ausgewachsene Schafe

 

 

Er zieht ein Gesicht, als solle es versteinern und von der Nachwelt als Antike ausgegraben werden.

Das verlohnt sich auch der Mühe Mäulchen zu machen und Rot aufzulegen und mit einem guten Accent zu sprechen; wir sollten einmal die Masken abnehmen, wir sähen dann wie in einem Zimmer mit Spiegeln überall nur den einen uralten, zahllosen, unverwüstlichen Schafskopf, nichts mehr, nichts weniger. Die Unterschiede sind so groß nicht, wir Alle sind Schurken und Engel, Dummköpfe und Genies und zwar das Alles in Einem, die 4 Dinge finden Platz genug in dem nemlichen Kö(rp)er, sie sind nicht so breit, als man sich einbildet.

Schlafen, Verdaun, Kinder machen das treiben Alle, die übrigen Dinge sind nur Variationen aus verschiedenen Tonarten über das nemliche Thema. Da braucht man sich auf die Zehen zu stellen und Gesichter zu schneiden, da braucht man sich voreinander zu genieren. Wir haben uns Alle am nemlichen Tische krank gegessen und haben Leibgrimmen, was haltet ihr euch die Servietten vor das Gesicht, schreit nur und

greint wie es euch ankommt

Heimatlos 180x120cm

 

Das Biegen seines Fußes tönte wie Donner unter ihm, er mußte sich niedersetzen; es faßte ihn eine namenlose Angst in diesem Nichts, er war im Leeren, er riß sich auf und flog den Abhang hinunter. Es war finster geworden, Himmel und Erde verschmolzen in Eins. Es war als ginge ihm was nach, und als müsse ihn was Entsetzliches erreichen, etwas das Menschen nicht ertragen können, als jage der Wahnsinn auf Rossen hinter ihm her. Endlich hörte er Stimmen, er sah Lichter, es wurde ihm leichter, man sagte ihm, er hätte noch eine halbe Stunde nach Waldbach. Er ging durch das Dorf, die Lichter schienen durch die Fenster, er sah hinein im Vorbeigehen, Kinder am Tische, alte Weiber, Mädchen, Alles ruhige, stille Gesichter, es war ihm als müsse das Licht von ihnen ausstrahlen, es ward ihm leicht, er war bald in Waldbach im Pfarrhause

 

Fressen

 

Das Gewissen ist ein Spiegel vor dem ein Affe quält; jeder putzt sich wie er kann, und geht auf seine eigene Art auf seinen Spaß dabei aus. Das ist der Mühe wert sich darüber in den Haaren zu liegen. Jeder mag sich weh wenn ein Andrer ihm den Spaß verdirbt. Hast du das Recht aus der Guillotine einen Waschzuber für die unreine Wäsc anderer Leute und aus ihren abgeschlagn(en) Köpfen FIeckkugeln für ihre schmutzigen Kleider zu machen, weil du ' immer einen sauber gebürsteten Rock trägst? Ja, du kannst dich wehren, wenn sie dir drauf spucken oder Löcher hineinreißen, aber was geht es dich an, so lang sie dich in Ruhe lassen? Wenn sie sich nicht genieren so herum zu gehn, hast du deswegen das Recht sie in's Grabloch zu sperren? Bist du der Polizeisoldat des Himmels? Und kannst du es nicht eben gut mit ansehn, als dein lieber Herrgott, so halte dir dein

Leonce: Um die Kirschen duch die Löcher in Deinen Hosen schamrot zu machen! Aber Edelster, dem Handwerk, deine Profession, dein Gewerbe, dein Stand, deine Kunst?

Valerio (mit Würde). Herr, ich habe die große Beschäftigung, müßig zu gehen, ich habe eine ungemeine Fertigkeit im Nichtstun, ich besitze eine ungeheure Ausdauer in der Faulheit. Keine Schwiele schändet meine Hände, der Boden hat noch keinen Tropfen von meiner Stirne getrunken, ich bin noch Jungfrau in der Arbeit, und wenn es mir nicht der Mühe zu viel wäre, würde ich mir die Mühe nehmen, Ihnen diese Verdienste weitläufiger auseinanderzusetzen

 weitere Bilder auf Anfrage

 Text von Prof.Dr.Haijo Klein, Universität Bonn

Der Eichner: Bilder zu Texten von Georg Büchner

 

Kurfürstliches Gärtnerhaus Bonn. 15.Juni 2004

MDH. Hier im Kurfürstlichen Gärtnerhaus in Bonn ist dies die dritte Ausstellung in einer Trilogie, die „Der Eichner“ – wie er sich nennt – in der Region zeigt, denn unweit vom Ausstellungsort hat der Künstler viele Jahre gelebt. Wenn wir die beeindruckende Ausstellungsliste anschauen, so finden wir ihn mit mehr als 100 Ausstellungen an verschiedensten Orten, doch immer wieder auch in der Region. Anknüpfend an seinen damaligen Wohnsitz fand die erste Ausstellung dieser Trilogie in Sankt Augustin in der dortigen Stadtbibliothek statt („Der Eichner 30 Jahre in Sankt Augustin“, so der Titel) mit 30 Werken in einer Überschau über sein vielfältiges Schaffen. Die 2. diesjährige Ausstellung - in Verbindung mit der ersten in der Konrad-Adenauer-Stiftung – war gewissermaßen den Ikonen seines Werks gewidmet, den großformatigen Bildern, die ob der für den Eichner charakteristischen schonungslos dargestellten Realitäten wiederum heftige Reaktionen auslöste: drei Bilder wurden nach der Eröffnung aus der Ausstellung entfernt. Dies geschah nicht zum erstenmal, doch darüber wie über die Vielseitigkeit des Künstlers und die Reaktionen in der Presse können Sie sich in ungeahntem Umfang im Internet informieren.

I.

In dieser 3. Ausstellung geht es um einen spezifischen Aspekt seiner Bilder, die er zusammen mit Texten von Georg Büchner ausstellt. Nun sind Bild und Schrift bekanntlich unterschiedliche Medien der Kunst wie der Kommunikation. Bilder werden unmittelbar wahrgenommen, prägen sich ein. Durch Bilder werden Inhalte transportiert, sind als visuelles Gedächtnis präsent und bilden einen abrufbaren Erfahrungsschatz – anders als Schrift, die zwar auch als Typographie oder Kalligraphie gestaltbar ist, jedoch ihr visuelles Repertoire bei unseren Buchstaben auf nur wenige Zeichen beschränkt. Dafür jedoch sind die durch diese Zeichen transportierten Inhalte eindeutiger, präziser als die der Bilder (entsprechend die Dominanz der Schrift den rationalen Wissenschaften. Bilder sind jedoch mehrdeutig, sprechen unterschiedliche Assoziationen an, führen zu mannigfachen Verknüpfungen und unterschiedlichen Interpretationen, obgleich sie als Gemälde etwa fixiert sind. Die imaginären Bilder und Metaphern der durch Schrift vermittelten Dichtung hingegen werden wohl über den fixierten Text transportiert, sind aber variabel und subjektiv.

Dies ist nun die Ebene, auf der Eichner die Korrespondenz von Bild und Schrift sieht: Er stellt seine gemalten Bilder der Schrift, den Texten von Georg Büchner gegenüber. Denn Eichners Bilder keine Illustration. Vielmehr sieht er Parallelen in Bild wie Dichtung, und die Vieldeutigkeit des fixierten Bildes der Kunst steht dem imaginären, subjektiv-variablen Vorstellungsbildern der Dichtung entgegen. Aus dieser Korrespondenz gewinnen beide neue Deutungen, werden wechselseitig erhellt und geben unserer Phantasie Impulse indem sie sich mit neuen Verknüpfungen von Bild und Aussage in das Gedächtnis einprägen.

II.

Besonders eng sind Schrift und Bild verbunden mit dem auf der Einladung abgebildeten „Immerzu“. Die austauschbare puppenhafte Spielfigur des Husaren und der Mensch von Fleisch und Blut, dessen wiederholbare Schemata aus dem handschriftlichen Text auftauchen, die Mechanik des Immer Gleichen.  Der aus Literatur wie neuerer Geschichte geläufige Idealtyp des blonden Mädchens, als „halbe Unschuld“, mit der noch kopflosen Puppe in der Hand. Im Regal hinter ihr griffbereit 60 Wechselköpfe: vom Narr bis zum König, vom Lachen zum Totengrinsen, vom Schaf bis zum Schwein. Der geschwänzte Teufel lugt grinsend aus der Hölle hervor. Und der Text: „Mädel, was fangst du jetzt an? Hast ein klein Kind und kein Mann. Ei was frag ich danach...“

Doch zarter zeigt sich Sehnsucht und Erinnerung des Mädchens an die einstige Liebe, den Mann und den Traum – hinter ihr, an einer Kirche im fernen Georgien.  Und kontrastierend dazu das 30 Jahre zuvor entstandene Bild – als Dialog von Leonce und Valerio mit dem großfigurigen Bild der beiden Gestalten mit ihren riesigen Köpfen, nebeneinander stehend, eher den Betrachter ansprechend.

III.

Als Spannung zwischen Bild und Dichtung: Der Wanderer, den „namenlose Angst erfasst",, der verfolgt wird, und der in der Ferne ein Dorf erkennt, das er bei Büchner erreichen mag, oder das – sieht man das Bild genauer – nie erreichen wird. Denn unter dem Titel „Heimatlos“ 1995-2002 bezieht er sich unmittelbar auf die Situation des Balkankrieges: Der Bosnier hat das brennende Dorf verlassen, eine Granate durchtrennt seine Beine – Bruchteile von Sekunden vor seinem Zusammenbruch.

Spannung zwischen beiden Medien auch bei der Schilderung einer Wanderung durch den Schnee, das Stillstehen der „tiefblauen Luft“ und die „einförmigen gewaltigen Flächen und Linien, vor denen es ihm manchmal war, als ob sie ihn mit gewaltigen Tönen anredeten, waren verhüllt“. Eben dieses Blau und die Verhüllung auf dem Bild, aber transponiert in einen anderen Bereich der blauen, wie verpackten, doch schwebenden Kiste.

Der Moralist: Sein Bild der vier zum Mahl sitzenden Schafe (oder Ziegen) – das Motiv hat einst zu heftigen Auseinandersetzungen geführt – und im Test: „wir sollten einmal die Masken abnehmen, wir sähen dann wie in einem Zimmer mit Spiegeln den einen uralten unverwüstlichen Schafskopf, nicht mehr und nicht weniger“. Oder: „Das gewissen ist ein Spiegel, vor dem ein Affe sich quält, jeder putzt sich wie er kann und geht auf seine eigene Art auf seinen Spaß darauf aus...“ Aber dann heißt es: „Hast du das Recht, aus der Guillotine einen Waschzuber für die unreine Wäsche anderer Leute und aus ihren Köpfen Fleckkugeln für ihre schmutzigen Kleider zu machen.“  Dazu das 1996/02 entstandene Bild „Das große Fressen“, an dem sich alle beteiligen.

Doch wenn Büchner pathetisch sagt: „Für Menschenrecht und Menschen-Freiheit zu sterben, ist höchst erhabner Mut, ist Welterlöser-Tod“, so stellt Eichner dagegen Vollstreckung und Exekution, mag man sich noch so sehr am Glockenseil festhalten.  Und wenn im Bild ein Mensch wie auf Stelzen einen gewaltigen Schritt über die kleinen unter ihm tun möchte, so heißt es: „Die Schritte der Menschheit sind langsam, man kann sie nur nach Jahrhunderten zählen, hinter jedem erheben sich die Gräber von Generationen“.

IV.

Aber eine Konstante ist dann doch die Schönheit: „Nur eins bleibt, eine unendliche Schönheit, die aus einer Form in die andere tritt, ewig, aufgeblättert, verändert...“. Eichner malt eine pompejanische Büste, die wie aus dem Blau des Meeres auftaucht und doch mit der Physiognomie eines Gesichts wie heute. Und so schließt hieran an dieser Rundgang mit dem ersten Bild der Einladung: „Ich will ein Loch in die Natur machen“ das zusammen gekauerte Mädchen als Teil der Natur und in dieser wie schwebend.

Aggressiv erscheinen die Bilder von Eichner, und es hat nicht an Protesten gegen sie gefehlt – insbesondere, wenn sie in den Bereich des Sexuellen gehen oder andere Tabus verletzen.

So greift „Der Eichner“ Situationen, Probleme seiner und unserer Gesellschaft auf und stellt sie in bestürzender Aktualität und provozierender Härte in Bildern vor, die allein schon von ihrer Größe her, das Wegsehen erschweren: Der Eichner provoziert, mag Gefühle verletzen, aber er ist Moralist, auch wenn seine Bilder wehtun.

Pof. Dr. Heijo Klein, Kunsthistorisches Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-

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