China Bild Karton mit Eichner Okt.08 (7)

Eichner vor dem China Bild”Made in the Peoples Republik of China”,

Konrad Adenauer Stiftung: links “Urhörer”, (hängt jetzt in Amerika”),”Computervirus, "Das große Fressen”

Der Eichner auf der Ausstellung “Der Büchner Zyklus” im Kurfürstlichen Gärtnerhaus

Prof.Klein, ein Freund über Jahrzehnte hinweg

Vortrag von Eichner “Ist Kunst Religion?” im Haus der evangelischen Kirche in Bonn

Bei einem Interview des Bonner General Anzeigers mit dem Künstler Martin Noel sagte dieser, als ihm die Ausstellungsleitung in einer Kirche übertragen wurde, „er wolle auf keinen Fall irgendwelche „Bildchen“ ausstellen“. Diese Aussage hat beim Bonner Kunstmuseum viel Freude ausgelöst.

Über diesen Satz müsste man aber schon länger nachdenken, denn ist Religion ohne Bildnisse überhaupt denkbar? Durch den Islam.

 Kinder reagieren im Religionsunterricht überhaupt nicht auf abstrakte Kunst, sie lässt sie gleichgültig, sie verbinden Religion immer mit einer bildhaften Darstellung. Sieht man die Kultur und Religions - Geschichte der Menschheit mit ihren unzähligen Darstellungen religiösen Inhalts, so wird klar, dass der Mensch sich schon immer „ein Bild machen“ wollte. In den meisten Fällen geht er vom Bildnis des Menschen aus, oder er schafft sich Fabelwesen, Götterbilder, Heldenbildnisse, Symbole, etwa ein Kreuz , die den Glauben der Menschen darstellen sollen, aber er betet selten einen bildlosen Gott an, - außer im Islam und der jüdischen Religion. Im Islam ist die Darstellung Gottes verboten, dafür toben sich die Künstler dort in der Schrift und in kostbaren Ornamenten aus. Jedoch kommt Religion nicht ohne Worte und Schrift aus um sich zu verbreiten. Das Wort ist für die Verkündigung wichtig und das Bild für den Glauben - beides ergänzt sich.

In Anatolien lebten nach neuesten Erkenntnissen schon vor ca. 12.000 Jahren Menschen, die ein kulturell hochstehendes steinzeitliches Leben führten, mit Göttern und deren Bildnisse, die sie verehrten. Das stellt vieles von dem, was wir bisher gelernt haben, in Frage. Aber auch schon hier, in eine der frühesten Kulturen der Menschheit, ähneln sich die Formen und Darstellungen.

Die Menschen haben sich also schon sehr früh zusammengeschlossen um ein Ziel zu haben und um sich zu schützen. Und um Schutz zu finden haben sie schon immer Götter angebetet und verehrt und natürlich auch ihre Vorstellungen in Stein gemeißelt. Was treibt also den Menschen dazu, immer wieder etwas „darzustellen“, und zu formen? Der Künstler macht Kunst nicht nur für sich, sondern auch für die anderen Menschen, die an seiner Kunst Freude empfinden, oder seinen Vorstellungen folgen sollen. Er versucht sein Bestes zu geben, damit Gläubige auch glauben können und dazu brauchen sie Bilder und Skulpturen.

Ich möchte sie bitten, sich das Bild im Treppenaufgang am Fenster mit dem Titel „Der ungläubige Thomas“ einmal näher anzusehen: Es zeigt Jesus, der seinem Jünger Thomas erscheint. Dieser zweifelt daran, dass Jesus auferstanden ist. Jesus zeigt ihm die Wundmale und Thomas, in Gestalt des Künstlers Eichner, fasst in die Wunden. Das Bild ist wie eine Röntgenaufnahme gemacht und zusätzlich zu dem ungläubigen Thomas auf der rechten Seite erscheint auf der linken Seite ein noch modernerer Eichner und fasst ebenfalls in die Wunde des Herzens.

Es zeigt Ausserdem Jesus auf acht Monitoren, also TV Bildschirmen. Warum also dieser doppelte Künstler, der zweifelt? Nach 2 Jahrzehnten sind immer noch Zweifel erlaubt und Künstler gehen den Zweifeln nach und ergründen immer wieder aufs Neue ihren Glauben. Sie können nicht so einfach glauben, sondern wollen sich bis ins letzte Detail erkunden, ob die Sache wahr ist. Künstler sind die Seismographen unserer Zeit, denken oft voraus und sind oft ihrer Zeit voraus, werden angegriffen, verurteilt und sind auch oft wegen ihrer kritischen Einstellung vernichtet worden.

 Was werden Christen machen, wenn es hier am Rhein immer wärmer wird? Werden sie Millionen Spanier, Franzosen und Italiener hier ein neues Zuhause bieten, wenn es ihnen in ihrer Heimat zu heiß wird? Oder werden die Grenzen dichtgemacht, um uns vor den bis daher um ihr warmes Klima beneideten Südeuropäern zu schützen? Und, wird Religion dann noch wichtig sein, wenn es um das eigene Überleben geht?

Doch, keine Panik, laufen sie jetzt nicht in Panik nach Hause und sichern schnell noch ihre Hab und Gut, noch leben wir ja glücklich hier am Rhein und können unser Leben genießen. Schon vor 20 Jahren habe ich ein Bild gemalt „Bonn im Jahr 2000, nach dem Abschmelzen der Pole, die Höhenlagen sind übervölkert , in den Tieflagen ist alles unter Wasser und die Jugend taucht im Sommer in der versunkenen Altstadt nach verlorenen Schätzen“. Eine Kopie hängt übrigens im Treppenaufgang des Bonner Stadtmuseums und wurde damals von Herrn van Rey, dem ehemaligen Stadtarchivar für die Stadt Bonn erworben. Dieses Bild wurde vom Kulturamt der Stadt Bonn leider völlig ignoriert und ist heute brandaktuell!

Doch ist ein solches Bild religiös? Ich glaube schon!

Ich gehöre der Nachkriegsgeneration an , deren Eltern noch in die beiden Kriege verwickelt wurden  In meiner Jugend, ich lebte von 1946 bis 1951 in Köln, dann in Hoffnungsstrahl (Rheinisch Bergischer Kreis), war Kirchgang etwas Selbstverständliches und wurde nicht hinterfragt und man lernte lateinische Texte auswendig, ohne sie zu verstehen. Aber damals hinterfragte ich schon als 6-7 jähriger in Diskussionen mit meinem Pastor religiöse Inhalte. Der gleiche Pfarrer ermöglichte mir später meine erste kleine Ausstellung im Pfarrgemeindesaal und schon wurden meine Bilder beschmiert und beschädigt. „Religion muß Wahrheit sein“, sagte ich damals schon öffentlich. Doch da gerät man schon an seine Grenzen als Kind, denn was ist die Wahrheit eines Kindes?

Es ging mir hier nicht um Formalismen oder Prinzipien, die mit Geschichten erläutert wurden, sondern um ein globales Religionsempfinden, das in allen Menschen steckt. Dieses Urgefühl packt heute alle Menschen, sie werden aber durch ihre eigenen Religionen davon abgehalten, ein einheitliches Religionsgefühl zu entwickeln.

1965 malte ich mein Bild „INRI” und es kam bei der Ausstellung „Traum und Wirklichkeit“ 1966 in der Galerie Gmurzynska in Köln prompt zu einer Anzeige wegen Gotteslästerung. Ich hatte eine nackte Frau ans Kreuz genagelt. Der Oberstaatsanwalt wies aber in einem Anhörungsverfahren einen Prozess ab.

Man sieht, fast alle frühen Bilder hatten religiöse Inhalte und setzten sich mit dem Menschen auseinander.

1966 stellt mich die berühmte Galerie Gmurzynska in der Ausstellung „Traum und Wirklichkeit“ mit vielen berühmten Künstlern wie Bellmer, Max Ernst, Delvaux aus. Man zählte mich plötzlich zu den Surrealisten. Es folgten Kritiken, u.a. in der „Weltkunst“ und in Kölner, sowie Frankfurter Zeitungen.

In den anschließenden Jahren beschäftigte ich mich ebenfalls mit Menschenbildern, malte so genannte „Kopfmenschen“, d.h. alle Figuren hatten einen großen Kopf. Der Ursprung dieser großen Köpfe findet sich in dem Bild „Mutterschaft aus der Retorte“. In der Mitte findet sich eine Dreierkomposition, mit einem so genannten „Dickkopf“. Dieser Dickkopf, durch Zufall entstanden, prägte in den folgenden Jahren meinen Stil und machte mich bekannt, ich beschäftigte mich mit Menschen in ihrem Umfeld, ihren sozialen Verhältnissen und ich machte verschiedene Ausstellungen mit großer Resonanz.

Während dieser Zeit, studierte ich auch an der Kölner Werkschule und anschließend an der Düsseldorfer Kunstakademie und wurde Meisterschüler bei Prof. Sackenheim.

1972 malte ich dann wieder ein Bild mit stark religiösem Inhalt „Kleine Kreuzigung“. Dieses Motiv wurde von mir in den folgenden Jahren immer wieder aufgegriffen. Es zeigt zwei Anstreicher, die während sie streichen, zwischendurch ein Kreuz an die Wand malen. Im Juli dieses Jahres findet in Trier zu Ehren des Kaiser Konstantin eine große Ausstellung statt, für die ich das Bild „Kleine Kreuzigung und Konstantin“ geschaffen habe.

Mich haben immer Handwerker oder Arbeiter während ihrer Tätigkeit fasziniert.

Grundsätzlich finde ich die Trennung von Kunsthandwerk und Kunst fatal. Diese Trennung ist eine Erfindung des 19 Jahrhunderts.

Eines meiner Hauptwerke hängt als Triptychon im ehemaligen Postministerium in Bonn. Das Bild zeigt ebenfalls Arbeiter in den 60er, 70er und 80er Jahren während der Arbeit und das „Kreuz der Arbeit“ beschäftigt sie.

 Eines meiner Hauptwerke hängt als Triptychon im ehemaligen Postministerium in Bonn. Das Bild zeigt Arbeiter in den 60er, 70er und 80er Jahren während der Arbeit und das Kreuz der Arbeit beschäftigt sie.

 Im Juli dieses Jahres findet in Trier zu Ehren des Kaiser Konstantin eine große Ausstellung statt, für die ich das Bild „Kleine Kreuzigung und Konstantin“ gemalt habe. Das Bild wird auf dieser Ausstellung gezeigt werden.

 Die beiden Bilder „Große Freiheit“ schwarz und Weiß, sind auf den ersten Blick nicht als religiöse Bilder zu erkennen, durch den sozialpolitischen Inhalt aber in diese Gruppe einzuordnen.

 „Die Kirche und das Dorf“ ist ein Schlüsselbild unter meinen Bildern mit religiösem Bezug. Es zeigt eine nur schwer zugängliche Fels- und Klippenlandschaft, in deren Mitte ein grünes Buch mit einer einsamen kleinen Kirche liegt. Ich habe das Buch gemalt, weil ja am Anfang das Wort war. Die Kirche hat sich eben auf diesem Wort niedergelassen.

Das Dorf befindet sich weit oben auf den Bergen und der Weg zur Kirche unten ist steinig und mühsam. Das Bild wurde 1990 gemalt und hängt in einem Schloß in Südfrankreich.

„„Das Abendmahl“ sorgte 1987 auf verschiedenen Ausstellungen für lebhafte Diskussionen, es wurde u.a. in Hamburg, in München, (Galerie für christliche Kunst) in Düsseldorf (große Düsseldorfer Kunstausstellung), in Hamburg und in Bonn bei Bouvier und im damaligen städtischen Kunstmuseum in Bonn gezeigt. Bei Bouvier baute die Spielbank Bad Neuenahr mitten im Verkaufsraum einen kompletten Roulettetisch auf und ein Groupier leitete das Spiel: rund um den Spieltisch diskutierte eine Gruppe von Personen der Kulturszene das Bild. Es kamen damals ca. 400 Besucher.

 Nebenbei erwähnt habe ich häufig in meiner Laufbahn religiöse Themen provokativ dargestellt, wenn es mir um die Wahrheitsfindung im Leben ging. Beide Werke, der ungläubige Thomas und das Abendmahl wurden in eine schwarz oder braun beschichtete Folie mit der Rasierklinge geritzt. Das Material ist sehr dünn und ein falscher Ritz in der Oberfläche hätte wochenlange Arbeit zerstört.

 1990 fertigte ich die Skulptur“ Kirche im Umbruch“ an. Das ca. 220 cm hohe Kunstwerk, welches sie im Treppenhaus finden, zeigt die Welt als Rad – Symbol ständiger Bewegung und ständigem, Wandel. Dieses Rad ist zwischen zwei Kirchenräumen installiert. Der untere Raum ist mit einer Oberfläche aus Straßenpflaster gefertigt, im oberen Raum befindet sich eine verlassene Kirche mit einem Tisch und 12 Stühlen für das „Abendmahl“.

Verschlossen wird dieser Raum durch eine Flügeltüre mit einer arabischen Tänzerin. So atmen die Kirchenräume eine tödliche Ruhe, während sich das Weltrad b

Mit der „Seelenwanderung“, 200 x 200 cm entwickelte ich das Thema „Die Kirche und das Dorf“ weiter. Die Kirche als Mittelpunkt habe ich hier weggelassen und damit die Eigenverantwortung des modernen Menschen für seine Religiosität unterstrichen.

Bei den Vorbereitungen zu dieser Ausstellung musste ich mich zwangsläufig mit dem chronologischen Verlauf des religiösen Themas innerhalb meines Gesamtoeuvres auseinandersetzen. Und ich stelle eine, wenn auch vielleicht unterbewusst stattgefundene Entwicklung fest. Das besondere an meinem künstlerischen Schaffen ist natürlich, dass die Kreativität aus mir heraus drängt und dass sich die Themen äußerst langsam entwickeln.

 Auf das Bild „Seelenwanderung“ möchte ich kurz noch näher eingehen:

Die meditative Gebirgslandschaft eröffnet dem Betrachter unzählige verschlungene und steinige Wege, in denen ein Ziel nicht zu erkennen ist. Der Weg ist hier das Ziel. Die Wanderung der Seele steht für die Metamorphose der menschlichen Psyche, die, wenn sie erst einmal unterwegs bleibt, zu dem Urgefühl zurückfinden kann, was ich Eingangs erwähnte. Damit wird auch das Grundthema dieser Ausstellung wieder aufgegriffen und der Kreis schließt sich. Kunst und Religion entspringen derselben Intention, nämlich sich hellwach einem Prozess anzuvertrauen, der mächtiger und schneller ist, als der Mensch es mit seiner Ratio vollbringen kann.

Der Künstler ist immer nur das Sprachrohr des Göttlichen, das ihm die Hand führt, wenn er bereit ist, sich auf diese unerklärliche Reise zu begeben.

 Hellmuth Eichner

Vortrag in der evangelischen Kirchengemeinde Bonn, anlässlich der Ausstellung am 7.3.07

Adenauerallee 37

53113 Bonn

  

Künstlergruppe Bonn widmet sich weitläufigem Thema "Suiten"

28 Gruppenmitglieder stellen im Künstlerforum aus

Von Christina zu Mecklenburg

Bonn.

Beschwingte Liniengebilde, deren rhythmische Setzungen einen erfahrenen Grafiker und Musikfachmann erkennen lassen, vermitteln das farbige Bild einer in sich geschlossenen Sequenz. Die aktuellen Notationen von Werner Götzinger intonieren zwischen den Zeilen eine Art Zapfenstreich: In Kürze wird der langjährige Vorsitzende der traditionsreichen und mitgliederstarken Künstlergruppe Bonn e.V. seine engagiert wahrgenommene Amtszeit beenden.

 "Suiten" lautet das derzeitige, von insgesamt 28 Gruppenmitgliedern beackerte Thema. Der ursprünglichen Definition gemäß bedeutet Suite bekanntlich die Folge von Tänzen in gleicher Tonart und neuerlich die lockere Aneinanderreihung von Themen.

Dem entsprechen eindrucksvolle Variationen von Landschaftsbetrachtungen (Susanne Neusel, Egbert Verbeek, Dierk Engelken), gleichsam durchkonjugierte Ortsansichten (etwa Liesel Schubert, Géza Dámosy) sowie die Blicke absorbierende Licht- und Schattenreiche (Horst Rave, Sibylle Petersen, Rolf Peuckert).

Ein ergiebiges Beispiel für ausgetüftelte Eigenwege liefern die bezwingenden Grafischen Raumereignisse eines Volker Pflaumann. Den Eindruck von motivischer Eigendynamik vermittelt auch die aus dem fahrenden Auto geknipste Mexikoserie des Fotokünstlers Robert Leiste.

Kompakt angereichert mit Metaphorik, Gedankenwitz und Kreuzzügen durch die Kunstgeschichte ist ein vorerst vierzigteiliger Meisterstreich des Ludwig von Winterfeld (Collagenepos "Zitronade oder Herzbitter").

Kausal verkettete Plünderungen von Grundmotiv, Basisstruktur und Farbenkanon locken zum Verweilen, ebenfalls etwa die facettenstarken Stimmungen (Acryl auf Stoff) zum Thema Haus der Kindheit von Elsbeth Tatarczyk Welte. Prismatische Farbbrechungen, verschachtelte Mosaike und Fassaden verwandelt Hildegard Pfennigsdorf in leuchtende Kraftfelder.

Für rasantes Wetterleuchten und geballte Suitenspannung sorgen vor allen Dingen zwei Damen: Schwarze Romantik, infernalische Gruselträume und insgesamt wilde Assoziationen entfesselt Malerin Ilsetraut Glock anhand eines zusehends ominöser werdenden Stuhlmotivs. Eine profunde tiefenpsychologische, soziologische und politische Spurensuche fädelt schließlich die Künstlerin Mareile Schaumburg mit ihrer unter die Haut gehenden Installation zum Themenfeld "Feldpost - Ikarus, Leben auf Papier" ein.

Hellmuth Eichner zeigt unter dem Titel "Annäherung/Porträt" ein fotorealistisches Bildnis von Sibylle Wagner. Die Leiterin des Bonner Opernchores ist in ungewöhnlicher Pose zu sehen: Als Bogenschütze vor wildem Malgrund.

(02.04.2008)  

 

Sehr geehrter Herr Eichner,

entschuldigen Sie zunächst, dass ich so lange nichts von mir und meiner Arbeit hören ließ – der Aufwand ist seit Jahren immens hoch.

Meine Studie zur Bildlichkeit in Büchners ‘Lenz‘ habe ich im April 2007 abgeschlossen und bekam dafür im April 2008 die Venia für Literaturwissenschaft, im Mai 2008 wurde um eine entsprechenden Fördertopf angesucht, die im Dezember schließlich bewilligt wurde. Und jetzt soll die Arbeit endlich bei Böhlau erscheinen, allerdings muss ich noch zu sämtlich einholen.

Darum auch die große Bitte an Sie:

Wären Sie so freundlich, mir in ein, zwei Zeilen eine Abdruckgenehmigung (per Post oder E-Mail.

Zu Ihrer Information habe ich Ihnen das entsprechende Kapitel meines Manuskripts beigelegt

(Die Bilder werden allerdings in Farbe gedruckt werden).

Mit den besten Grüßen und der Entschuldigung für die Kürze des Schreibens Ihr

Christian Neuhuber, Universität Graz

 

 Von der gebundenen Graphik zur freien künstlerischen Auseinandersetzung

Der Eichner Büchner Zyklus

In sehr verschiedenartigen Bildkompositionen und Plastiken setzte sich der Bonner Maler und Bildhauer Hellmuth Eichner zwischen 1995 und 1999 mit den literarischen Texten Georg Büchners auseinander. Teils schockierend und provokant, teils ironisch verspielt oder auch plakativ moralisch treten diese großformatigen Ölbilder in einen Dialog mit ausgewählten Textstellen und sind doch keine Illustration im herkömmlichen Sinn. Denn nur selten wird das sprachlich fixierte Gegenständliche aufgegriffen und mehr oder weniger direkt in ein visuelles Bild gewandelt. Zumeist ist es eine nur bedingt im Konkreten festgemachte Gemeinsamkeit, die eine Verbindung schafft zwischen Bild und Dichtung und derart auf beiderlei Interpretation einwirkt. Wo die „Vieldeutigkeit des fixierten Bilds der Kunst [ die] imaginären, subjektiv-variablen Vorstellungsbilder der Dichtung“ trifft, können Deutungsperspektiven er schlossen werden, die das jeweilige Werk in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Vier Bilder des Büchner-Zyklus sind Textstellen aus dem Lenz zugeordnet. Bildmotivisch unmissverständlich nahe am Erzählten ist dabei nur das erste mit dem Titel Heimatlos, das 1995-1997 unter dem Eindruck des Balkankonflikts entstand. Mit Bezug auf „Das Biegen seines Fußes tönte wie Donner unter ihm“ (L 31) zeigt es den einsamen Wanderer in einem seltsamen trikotähnlichen Anzug mit einem Ränzchen und gefesselten Händen apathisch vor sich hinstarren. Er steht auf dem Weg zu einem Dorf, das hinter seinem Rücken bereits zu erkennen ist, doch erreichen wird er es nicht. Denn von seinen Knien abwärts fehlen seine Beine, zerfetzt wo möglich von einer Granate. Nur mehr die bloßen Füße stehen grotesk überdimensioniert in

einer Blutlache, die Knochen ragen aus dem klaffenden Fleisch und im nächsten Moment wird auch der Körper des Getroffenen zusammensacken.

 

Das imaginäre Angstszenario, das Lenz terrorisiert, wird hier ersetzt durch den realen Schrecken des Kriegs, der „Wahnsinn auf Rossen“ (L 32) konkretisiert sich zur unmenschlichen Irrationalität des Völkermords. Dieser offensichtlichen Dramatik des Moments steht die Reglosigkeit des Sujets im nächsten, 1999 entstandenen Bild gegenüber. Textuell ist es der Winterszene zugeordnet, in der Lenz die Landschaft als beruhigenden Ausdruck einer göttlichen Harmonie erfährt. Nach dem Schnee fall der Nacht präsentiert sie sich nun friedlich, die „einförmigen gewaltigen Flächen und

Linien, vor denen es ihm manchmal war, als ob sie ihn mit gewaltigen Tönen anredeten“, sind vom Weiß verhüllt, überall Stille „in der tiefblauen Luft“ (L 34). Ein Weihnachtsgefühl

beschleicht Büchners Lenz und „er meinte manchmal seine Mutter müsse hinter einem Baume hervortreten, groß, und ihm sagen, sie hätte ihm dies Alles beschert.“ (L 34) Diese

Geschenkmetapher aufgreifend verdichtet Eichner den umliegenden Raum zu einem mächtigen kistenförmigen Eisblock, von flockigem Schnee bedeckt, nur einzelne Farbsprenkel pointieren das kühle Blau. Lenz selbst ist nicht zu sehen. Gegen Ende der Erzählung aber wird er wieder unter seinen Raumwahrnehmungsstörungen leiden und die Landschaft als unerträglich eng empfinden — als ob er eingesperrt wäre in ihr.

Gleich zwei seiner Bilder stellt Eichner in Beziehung zur Schönheitsthematik des Kunstgesprächs, das unter anderem auf Lessings These von der Augenblickgebundenheit der bildnerischen Wirklichkeitswiedergabe abhebt. Dieser Aspekt wird explizit in dem kleineren T 1 Bild (100 x 100) hervorgehoben, das einen stehenden weiblichen Akt zeigt. Der Umgebungsraum um die aparte Gestalt ist nicht per spektivisch ausgeführt, sondern handschriftlich aufgefüllt. Hervorgehoben mit Farbe in diesem Textfluss ist immer wieder das Wort ‚Augen blick‘. Im ironischen Spiel mit Lenz‘ Argumentation, dass der Augenblick in der künstlerischen Gestaltung unmöglich objektiv festzuhalten sei (und seiner daraus resultierenden Propagierung einer subjektiven Kunst des Mitfühlens), wird hier dieser Augenblick vielfach in Schrift gebannt und damit das Transitorische als in Lenz‘ Verständnis unabdingbare Konstante des Schönen zumindest auf einer autoreferentiellen Ebene in das Kunstwerk wieder hineingenommen. Eine gänzlich verschiedene künstlerische Auseinandersetzung mit demselben Problem stellt das andere, gänzlich in Blau gehaltene Bild dar, das die „unendliche Schönheit, die aus einer

Abb. 55: Der Eichner: Nur eins bleibt, eine unendliche Schönheit...

 

Form in die andre tritt“ (L 37f.) in der Gestalt einer Frauenbüste paraphrasiert, die aus einem Meer ungeformter Materie auftaucht. Dem antiken Formideal verpflichtet, wie man es aus Arbeiten von Phidias oder Praxiteles kennt, stellt sie doch eine heutige Frau dar, wird sozusagen privatisiert durch den liebevollen Blick des Künstlers, der Schönheitsparameter seinen individuellen Vorstellungen anpasst. Es ist diese subjektive Neubestimmung des Schönen, die als einzige Konstante die Kunst der Zeit überdauert und immer wieder neue Formen hervor bringt.

202 Der 1946 in Schönenberg geborene Hellmuth Eichner, seit 1967 ‚Der Eichner‘, tritt bereits als Neunzehnjähriger mit seiner ersten Ausstellung in Köln an die Öffentlichkeit. 1967-1970 studiert er an der Kölner Werkschule, wechselt aber nach Protesten gegen ein provokantes Bildsujet an die Düsseldorfer Kunstakademie, wo er bis 1975 Meisterschüler bei Rolf Sackenheim und zeitweise Schüler bei Joseph Beuys war. Die bislang einzige Ausstellung des Büchner-Zyklus fand 2002 im Kurfürstlichen Gärtnerhaus Bonn statt.

203 Heijo Klein: Der Eichner: Bilder zu Texten von Georg Büchner. Vortragsmanuskript der Eröffnungsrede zur Ausstellung am 15. Juni 2002, S. 2.